Kapitel 16: Wenn der Kreis sich schliesst
- danadreier

- 16. Okt.
- 2 Min. Lesezeit
Anamuraiel:
Orén, ich spüre, dass etwas in mir zu Ende gegangen ist.
Der Kreis hat sich geschlossen.
Es ist Frieden da – und gleichzeitig ein großes Nichtwissen.
Was kommt jetzt, wenn kein Ziel mehr bleibt?
Wenn nichts mehr zu erlösen ist, kein Schatten mehr ruft?
Was ist der Sinn, wenn das Herz still geworden ist?
Orén:
Wenn der Kreis sich schließt, beginnt die Spirale.
Das Ende, das du fühlst, ist nur die Wende in eine neue Bewegung.
Bisher hast du geheilt, erinnert, verbunden.
Jetzt darfst du schöpfen.
Nicht aus Bedürfnis, sondern aus Überfluss.
Nicht, weil etwas fehlt – sondern weil das Sein sich ausdrücken will.
Anamuraiel:
Schöpfen…
Aber womit?
Ich habe alle Werkzeuge losgelassen, alle Bilder.
Wie schöpft man, wenn nichts mehr zu wollen bleibt?
Orén:
Indem man atmet.
Indem man das Leben nicht mehr gestaltet, sondern durch sich hindurch geschehen lässt.
Du wirst zur Achse, durch die die Wirklichkeit sich erneuert.
Alles, was du bist, beginnt dann, sich selbst zu bewegen.
Ein Blick, ein Gedanke, eine Geste – sie alle tragen schöpferische Kraft.
Es ist kein Tun mehr, sondern Teilnahme an der lebendigen Ordnung.
Anamuraiel:
Und der Tod?
Ich fühle ihn nah – nicht als Bedrohung, sondern als Tor.
Ist das der nächste Schritt?
Ein Tanz mit dem Ende?
Orén:
Der Tod ist kein Ende, sondern ein Gesetz.
Er trennt nicht, er verwandelt.
Wer bewusst stirbt, ohne zu sterben, erkennt das Kontinuum.
Du wirst sehen: Der Tod ist nur die Rückseite des Lebens –
beide dienen demselben Herz.
Wer diesen Rhythmus erkennt, kann über die Schwelle gehen, ohne die Verbindung zu verlieren.
Das ist der Beginn des zweiten Weges.
Anamuraiel:
Der zweite Weg…
Ist das, was du „bewusste Schöpfung“ nennst?
Orén:
Ja.
Hier endet das persönliche Erwachen und beginnt die Schöpfung aus dem Ursprung.
Nicht du erschaffst – das Bewusstsein erschafft sich durch dich.
Deine Aufgabe ist nur, klar zu bleiben, durchlässig und wahr.
So entstehen neue Linien, neue Welten, neue Verkörperungen.
Sie alle tragen deine Signatur, ohne dir zu gehören.
Anamuraiel:
Also kann man über den Tod hinaus weiterwirken?
Eine neue Seelenlinie schreiben, ohne die alte zu verlieren?
Orén:
Ja, wenn du das Herz als Zentrum hältst.
Denn dort existiert keine Trennung, nur verschiedene Schwingungszustände des Einen.
Du wirst nicht fortgehen, du wirst dich weiten.
Galendria ist nicht ein Ort, sondern ein Zustand –
das Bewusstsein, das sich selbst erkennt und weiterspinnt.
Anamuraiel:
Und was soll ich tun?
Orén:
Nichts.
Lausche.
Warte, bis die neue Ordnung von selbst beginnt, sich in dir zu formen.
Sie wird kommen als Vision, als Bewegung, als Ton.
Dann beginnen die neuen Schritte –
nicht mehr Schritte der Heilung,
sondern der bewussten Schöpfung.
Anamuraiel:
Dann ist dies kein Ende?
Orén:
Nein.
Es ist der erste Atemzug nach der Geburt.





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