Kapitel 15: Abstieg in die Schattenwelt
- danadreier

- 19. Sept.
- 1 Min. Lesezeit
Anamuraiel stieg in die Schattenwelt hinab.
Es war wieder einmal Zeit, sie spürte es.
Sie kannte den Weg, ging freiwillig, fast nüchtern.
Unzählige Male war sie da gewesen.
Kalte Einsamkeit umkreiste sie,
wie die glatte Haut einer Würgeschlange.
Fratzen ohne Augen umtanzten sie.
Die Verzweiflung des Ungesehenseins
nagte wieder an ihr.
Die Schatten raunten:
"Du bist zu früh, das will doch keiner.
Dich will keiner. Du bist umsonst hier.
Niemand wird dein Wirken je bemerken. Hihihihi-hohohoho."
Sie lachten und keiften,
spien Gift aus übelriechenden Mäulern.
Anamuraiel setzte sich bereitwillig.
Sie kämpfte nicht mehr.
Sie ließ alles über sich ergehen.
Die Stimmen durften lärmen,
die Kälte durfte greifen.
Und während sie inmitten der Schatten saß,
spürte sie eine leise Wärme in ihrer Brust.
Ein kaum hörbares Pochen,
ein Hitze in sich aufsteigen.
Es war die Liebe aus ihrem Herzen.
Nicht laut, nicht groß,
doch unbeirrbar.
Und die Schatten,
die sie so oft gefesselt hatten,
wurden still.
Nicht, weil sie verschwanden,
sondern weil sie sich
der größeren Kraft beugen mussten.
Anamuraiel stieg wieder hinauf in die Sonne.
Und setzte sich an ihren Schreibtisch.
Sie war nicht zu halten. „Und wenn's so ist, dann halt“, dachte sie sich.
Sie schrieb weiter,
holte die gesamte kosmische Geschichte ans Licht,
so klar, wie es vor ihr keiner je getan hatte.
Und so spielte es keine Rolle mehr,
weil etwas Größeres sie übernommen hatte –
ein Strom, der stärker war als Zweifel und Einsamkeit.
Sie folgte dem,
was sie zuinnerst war.





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